Leder Guide. Wissenswertes über Leder

Leder ist ein Naturerzeugnis. Natürlich gewachsen. Geschaffen ohne substantielle Änderung der natürlichen Qualität. Ähnlich wie Holz oder Wolle besitzt Leder Eigenschaften, die durch Kunststoffe bis heute so nicht erzeugt werden können. So ist der Einsatz von Leder im Instrumentenbau beispielsweise nicht zu ersetzen. Während Liebhaber sich für die einzigartige Qualität des Leders begeistern, nehmen Kritiker Anstoß an den Produktionsbedingungen. Leder ist ein Nebenprodukt der (überwiegend industriell betriebenen) Fleischerzeugung. Die Häute der Tiere, deren Fleisch zum Verzehr fabriziert und aufbereitet wird, werden zu Leder weiterverarbeitet. Mit Ausnahme von einigen Reptilien wird kein Tier getötet, um bloß Leder herzustellen. Entgegen der Darstellung der Tierrechtsorganisation PETA ist Leder nicht zwangsläufig und unvermeidlich das Ergebnis von Tierquälerei. Solange Fleisch verzehrt wird, ist die Herstellung von Leder sinnvolle Nutzung einer natürlichen Ressource.

Heute werden jährlich etwa 1,5 Milliarden Quadratmeter Leder weltweit hergestellt. Gut die Hälfte des Leders wird von der Schuhindustrie verarbeitet. Die übrige Hälfte wird vor allem als Polsterleder für die Möbel- und Autoindustrie erzeugt sowie als Leder für Bekleidung und Lederwaren. In Deutschland werden aktuell etwa 8 Millionen Quadratmeter Leder produziert. Dreiviertel des Leders aus deutscher Produktion werden für die Möbel- und Autoindustrie erzeugt, 15 % für die Schuhindustrie und 10 % für die Herstellung von Lederwaren, insbesondere von Reitsportartikeln. Nach Italien und Spanien erzeugt Deutschland in Europa die drittgrößte Menge an Leder. An der weltweiten Produktion von Leder hat Deutschland heute einen sehr geringen Anteil, etwa ein halbes Prozent.

Leder wird in sehr heterogenen Qualitäten hergestellt. Aussehen, Stärke, Softness (oder Standigkeit), Haptik, Abriebfestigkeit, Lichtechtheit und Schadstoffhaltigkeit weichen erheblich voneinander. Leder ist längst nicht Leder. Zwar gibt es die Kennzeichnung Echt Leder, dieses Zeichen weist aber einen zu geringen Differenzierungsgrad auf, um die Erkennung unterschiedlichster Ledersorten und –qualitäten für den Verbraucher transparent zu gestalten. Eine Lederkennzeichnungspflicht, in der beispielsweise Herkunft und Gerbart des Leders sowie Inhaltsstoffe ausgewiesen werden, besteht nicht. Verbote für Schadstoffe in Leder und Lederprodukten existieren kaum. Und die wenigen Verbote, die existieren, enthalten sehr niedrig angesetzte Grenzwerte (Beispiel Chrom VI). Schadstoffgeprüfte Leder und Produkte wie Schuhe, Taschen, Sofas aus schadstoffgeprüftem Leder sind eine Rarität. Mangels Transparenz im Bereich Leder ist es für Konsumenten zurzeit kaum möglich eine souveräne Entscheidung beim Kauf von Lederschuhen und -waren zu treffen. Der LEDERGUIDE von aruzzi taugo® soll Orientierungshilfe bieten.

(Natur-) Leder vs. Kunstleder

Dass es bis heute nicht gelungen ist, ein dem Leder gleichwertiges Alternativmaterial zu entwickeln, liegt an dem natürlichen Fasergefüge der Haut, das synthetisch nicht nachgebildet werden kann. Dennoch werden Lederimitate, so genannte Kunstleder, vielfältig hergestellt und eingesetzt (und mangels Lederkennzeichnungsgesetzes international nicht selten als Leder bezeichnet und verkauft). Als Kunstleder werden lederimitierende Kunststofffolien (umgangssprachlich Plastikfolie) bezeichnet. Zur Herstellung wird PVC-Pulver mit Weichmachern und Farbstoff angeteigt und bei 170°C geknetet, gegebenenfalls werden Wachse und mineralische Füllstoffe zugesetzt. Die Masse wird auf Walzen zu Folien oder Platten gezogen und geprägt. Kunstleder ist als Meterware verfügbar, was eine einfache und abfallsparende Verarbeitung ermöglicht. Neben reinen PVC-Folien werden auch mehrschichtige, geschäumte Folien aus einem textilen Trägervlies mit einer PVC-Deckschicht oder PUR-Deckschicht hergestellt. Ein bekanntes Kunstleder auf der Basis von textilem Gewebe ist Alcantara. Einige Designer-Taschenlabels verarbeiten Kunstleder, ohne dies als solches zu benennen. Stattdessen erwecken die Eigennamen für die verarbeiteten Plastikfolien eher den Eindruck als würde es sich um besonders hochwertiges (Natur-)Leder handeln. Von jüngeren Fashionlabels wird Kunstleder offensiv als ethische Alternative zu Naturleder vermarktet. Die ökomischen Vorteile für den Hersteller liegen ja auf der Hand: geringe Anschaffungs- und Verarbeitungskosten. Was aber ausgerechnet ein mineralölbasiertes Produkt wie Kunstleder (mit den bekannten „Nebenwirkungen“ für Mensch und Natur) ethisch besonders wertvoll macht, ist schwer nachvollziehbar.

Lederfaserstoff LEFA

Neben Folien- und Gewebe-Kunstleder kann der so genannte Lederfaserstoff, abgekürzt LEFA, als weitere Variante von Kunstleder angeführt werden. Beim Lederfaserstoff unterscheidet man zwei Arten: zum einen reine Lederfasern mit Gummilatex, zum anderen eine Mischung als Leder-, Textil- und Zellulosefasern mit Harz- und Bitumenleim. Zur Herstellung des Lederfaserstoffs werden die Fasern sowohl aus vegetabil gegerbten als auch chromgegerbten Lederabfällen gewonnen. Im Angelsächsischen werden Lederfaserstoffe als bonded leather bezeichnet. Hin und wieder findet man auch die Bezeichnung „Recycling Leder“. Sicher kann der Herstellungsprozess von Lederfaserstoff als Recycling beschrieben werden. Eine Mischung aus Fasern, Leim und Weichmachern (Recycling) Leder zu nennen, klingt aber vielleicht doch etwas zu euphemistisch. Es handelt sich entsprechend auch um eine in Deutschland unzulässige Bezeichnung.

Leder, Echt Leder und Echtes Leder

Zur Abgrenzung des Begriffes Leder gegenüber anderen Materialien hat der Verband der Deutschen Lederindustrie e.V. (VDL) eine Begriffsfestlegung in Form einer so genannten RAL Vereinbarung getroffen. Unter der RAL-Nummer RAL 060 A2 (Ausgabe Mär 12) wird festgelegt was als Leder bezeichnet werden darf. Obwohl RAL Vereinbarungen freiwillige Festlegungen der Wirtschaft und keine Gesetze sind, interpretieren Gerichte deren Inhalt als Handelsbrauch, und die Nichtbeachtung von RAL Vereinbarungen als Verstoß gegen die Vorschriften des Wettbewerbsrechts. Es gibt also zulässige und unzulässige Bezeichnungen für Leder und lederähnliche Materialien.

Als Leder, Echt Leder oder Echtes Leder darf ausschließlich die gegerbte tierische Haut bezeichnet werden, deren natürliche Faserstruktur erhalten ist. Sofern Leder einen Oberflächenüberzug (Zurichtung) aus Kunststoff, Folie oder Lack aufweist, darf die aufgebrachte Schicht nicht stärker als 0,15 mm sein. Übersteigt die Beschichtung die Stärke von 0,15 mm, muss die Bezeichnung Beschichtetes Leder verwendet werden. Die Beschichtung darf in diesem Fall ein Drittel der Gesamtstärke des Materials allerdings nicht überschreiten. Die unnachahmliche Qualität, der Wert des Leders, liegt im natürlichen Fasergefüge der tierischen Haut. Nur was hauptsächlich oder wesentlich aus natürlicher Faser besteht, und durch Veränderung von Stärke und Oberfläche keine substantielle Beeinträchtigung erfährt, darf daher als Leder bezeichnet werden.

Echt Leder ist eine Bezeichnung und kein Siegel (wie es selbst von Verbraucherschutz-Initiativen nicht immer korrekt dargestellt wird). Die Bezeichnung wird in Deutschland verwendet. International hat die Kennzeichnung keine Gültigkeit.